Platja de ses Illetes
„Viele Menschen kommen nach Ibiza, chartern eine Yacht, und verbringen die ganze Woche an der Platja de ses Illetes auf Formentera vor Anker. Da trifft sich Crème de la crème und lässt es so richtig krachen!“, hatte uns der Vercharterer vor Ort schon bei Übergabe der Segelyacht erzählt. Dankbar für den Tipp, reihten wir dieses Etappenziel sofort an die letzte Stelle …
Am sechsten Tag liefen wir in die Promi-Bucht der Insel ein, um sogleich von gemischten Gefühlen geplagt zu werden:
Einerseits lagen tatsächlich dutzende Luxus- und so manche Mega-Yacht in der Bucht, auf der die Haute-Volée in bester Pose auf dem Sonnendeck am Dom Pérignon nippte, während sich am Strand Massen an schaulustigen Mopedfahrern (auf dem Parkplatz hinter dem Sandhügel entdeckten wir später hunderte Billig-Zweiräder) mit Sonnencreme aus dem Supermarkt einschmierten, ohne das Geschehen auf den Luxusyachten auch nur für einen Moment aus den Augen zu lassen.
Andererseits erinnerte die Kulisse an der Platja an eine bekannte, in der Karibik gedrehte Rum-Werbung: sanfte Brise, türkises Wasser, traumhaft weißer Sandstrand. Wir blieben. Beim folgenden Landgang ließen wir das Restaurant „Pasha“ – weil geschlossen – rechts liegen und erklommen wir das „Le Ministre“. Mit dem Sangria genossen wir auch die Aussicht auf den Strand – und warteten gespannt auf den Ansturm der Massen, die es hier doch noch krachen lassen sollten. Nach dem dritten Krug war das Einzige, das zu krachen drohte, meine Blase.
Brav stellte ich mich an der Tür zum (einzigen) Herrenklo an und wartete. Nach 5 Minuten klopfte ich vorsichtig, nach 10 schlug ich mit meinen Fäusten dagegen, nach 12 schleppte ich mich zum Kellner an die Bar. „Out of order!“, sprach er, doch mein Anblick dürfte so Mitleid erregend gewesen sein, das mir noch zuflüsterte, es doch beim Damenklo zu versuchen. Das befand sich hinter dem Restaurant, ein paar Meter weiter schälte Küchenpersonal Kartoffeln im Freien und ja – zeigte mit dem Finger auf mich, tuschelte und lachte. Gefühlte Lichtjahre später kam ein junger Kochgehilfe – offenbar hauptberuflich Schüler und daher der englischen Sprache mächtig – auf mich zu und sprach: „Out of order!“. In Panik lief ich in die freie Natur, konnte aber im Umkreis von 200 Metern kein einziges ruhiges Plätzchen entdecken. Die Ausschau nach einem stillen Örtchen am ewig langen Ufer verlief im Sande. „Wo gehen denn all die Menschen hin, wenn sie mal müssen?“ fragte ich mich, um danach wie in Trance auf das offene Meer zuzusteuern …
Bis heute habe ich den Verdacht, dass es an der Platja de ses Illetes auf Formentera nicht ein einziges Klo an Land gibt – und die Restaurant-Türen bloß Attrappen sind, weil das Betreiben von Toiletten in diesem Naturschutzgebiet einfach zu teuer ist. Wer kann diesen erhärten oder gar entkräften?