Noch nie wurde im deutschen Fernsehen so viel über den America?s Cup berichtet wie in diesem Jahr, wenn mit dem United Internet Team Germany erstmals ein deutsches Team am Start ist.? Sicher setzt der Enthusiasmus in den Zeilen, mit denen die deutsche Segel-Kampagne von ihrer Presseabteilung begleitet wird, viel Hoffnung auf ZDF und ARD. Trotzdem bleibt die Wirkung in ihrer Oberflächlichkeit nahe bei den bekannten Sensationsshows um Stars und Models à la Bohlen und Klum und ächzt ? irgendwie bekannt ? das Plagiat auf die neue Ebene: Deutschland sucht den Supersegler. Immerhin wollen beide TV-Giganten endlich ausführlich zur Kenntnis nehmen, dass Deutschland bei den Regatten der kommenden Wochen, den wichtigsten im Segelsport überhaupt, mit einem Team vertreten sein wird: Act 13 und Louis Vuitton Cup werden sogar durch eine achtteilige Dokumentationsreihe mit dem Titel ?Helden hart am Wind ? unser Team beim America?s Cup? des Senders DMAX begleitet. Und wenn am 21. April ?Das aktuelle Sportstudio? des ZDF live aus dem Base-Camp der Deutschen im spanischen Valencia berichtet, werden einige meinen, Segeln sei auf dem Olymp der sportlichen Akzeptanz angekommen.
Doch diese Sicht auf den Wert der Segelberichterstattung im TV verkennt, wie flüchtig die Eindrücke sind, die das Fernsehen vermittelt. Sie verkennt, dass heute, wenn man sich umhört, selbst unter Reportern immer noch und immer wieder etwa der America?s Cup mit dem Admiral?s Cup verwechselt wird. Toll? Fürwahr. Match Race vs. Fleet Race einfach mal so nicht unterscheiden zu können ist mehr als eine Bildungslücke. Es bedeutet, dass Deutschland im Segeln trotz der großen Freude des United-Internet-Team-Syndikatschefs Michael Scheeren über die Fernsehberichte ein Entwicklungsland ist.
Das allerdings ist unverständlich: Denn nach den USA, Italien, England und Frankreich nahezu gleichauf, ist Deutschland, an der Zahl der Segler gemessen, tatsächlich die fünftgrößte Nation unterm Wind global. Auch deshalb tut die DMAX-Sendung ?Helden hart am Wind ? unser Team beim America?s Cup? der Allgemeinbildung der breiten Masse der nichtsegelnden Zuschauer sicher gut. Und man darf es durchaus als eine Art Alphabetisierungs-Auftrag für die wassersportlichen Legastheniker bezeichnen, wenn eine solche Weekly Soap jeden Dienstag um 22.10 das deutsche Team im Fernsehen intensiv begleitet. ?Das ist wirklich eine tolle Sache, so können die Fans hautnah die Arbeit miterleben?, freut sich Syndikatschef Scheeren nach dem erfolgreichen Start der Sendung, die bis 15. Mai den Blick hinter die Kulissen des United Internet Team Germany möglich macht.
Nachdem der Louis Vuitton Cup am 16. April begonnen hat, werden sich die beiden großen, Öffentlich-Rechtlichen Sender sogar tageweise abwechseln und täglich berichten, teils live, teils zeitversetzt. Zusätzlich zeigen ZDF und ARD die Match Races live auf ihren Digital-Kanälen. Das wird ein rechter Lackmustest der Nachhaltigkeit. Ich nehme zwar schon heute Wetten an, dass selbst danach, ja, selbst nach dem 21. April, wenn mit dem aktuellen Sportstudio die Bibelstunde des TV-Journalismus live aus dem Herzzentrum des deutschen Teams im internationalen Segelsport in Valencia gesendet hat, immer noch nicht alle Koryphäen der Sportberichterstattung den America?s vom Admirals Cup unterscheiden können, geschweige denn diesen Sport überhaupt so ernst nehmen, wie er das verdient. Das aber soll nicht der charmanten Moderatorin Katrin Müller-Hohenstein sowie den zweifellos sachkundigen Mitgliedern des deutschen Teams und dem bereits hoch gehandelten nächsten deutschen Skipper einer deutschen Kampagne, dem Noch-Alinghi-Sportdirektor Jochen Schümann, angelastet werden. Stattdessen wollen wir lieber hoffen, dass über das Fernsehen hinaus nun endlich auch die elitäre und segeltechnisch leider ziemlich ignorante Klasse der deutschen Presse nicht länger die großen Wassersport-Themen verschweigt, obwohl Wassersport heute schon ein Millionen-Publikum und damit oft mehr als die Ballsportarten begeistert. Die fünftgrößte Wassersportnation der Erde hätte etwas mehr ? und profunderes ? Engagement der Öffentlichkeitsarbeiter insgesamt tatsächlich verdient.
Darum nenne ich Ihnen postscriptum auch alle Termine der Am-Cup-Regatten der kommenden Wochen und freue mich auf rege Diskussion über die Nachhaltigkeit des Fernsehengagements als Bildungsauftrag. Dieses Unterfangen sollte über die Werthaltigkeit eines Bohlen und einer Klum hinausgehen und zumindest zur Kenntnis nehmen: Deutschland sucht auch nach dem 32. America?s Cup 2007 in Valencia täglich in irgendeinem der vielen Hundert Häfen den Supersegler. Mehr als 3,5 Millionen Deutsche sind bereits regelmäßig auf einem Kiel mit von der Partie.
Viel Spaß dabei wünscht
Ihr
Robert Fischer
Die Sendezeiten von ARD, ZDF und DMAX:
Live-Berichterstattung ARD/ZDF
Louis Vuitton Act 13
7. April 12.00 ? 13.00 ZDF
Louis Vuitton Cup, Round Robin 1
16. April 14.10 ? 16.00 ZDF
17. April 14.10 ? 16.00 EinsFestival
00.20 ? 02.00 ARD
18. April 14.10 ? 16.00 ZDF
19. April 14.10 ? 16.00 EinsFestival
01.05 ? 02.30 ARD
21. April 14.00 ? 16.15 ZDF
22. April 14.10 ? 16.00 EinsFestival
15.25 ? 16.30 ARD
Louis Vuitton Cup, Round Robin 2
25. April 14.10 ? 16.00 ZDF (*)
26. April 14.10 ? 16.00 EinsFestival
00.50 ? 02.30 ARD
27. April 14.10 ? 16.00 ZDF (*)
28. April 14.10 ? 16.00 EinsFestival
16.30 ? 17.00 ARD
29. April 14.00 ? 16.00 ZDF (*)
1. Mai 14.10 ? 16.00 EinsFestival
16.15 ? 17.00 ARD
2. Mai 14.10 ? 17.00 ZDF (*)
3. Mai 14.10 ? 16.00 EinsFestival
00.50 ? 02.30 ARD
4. Mai 14.10 ? 16.00 ZDF (*)
5. Mai 14.10 ? 16.00 ZDF (*)
6. Mai 14.10 ? 16.00 EinsFestival
15.25 ? 16.30 ARD
(*) live oder zeitversetzt
ZDF Das aktuelle Sportstudio
21. April 22.00 ? 23.15 ZDF
Das aktuelle Sportstudio live vom Deutschen Haus
Morgenmagazin ARD/ZDF
16.-20. April 06.00 ? 09.00 ARD
Morgenmagazin mit zwei Live-Schaltung aus Valencia
23.-27. April 06.00 ? 09.00 ZDF
Morgenmagazin mit zwei Live-Schaltung aus Valencia
DMAX Doku-Soap über das United Internet Team Germany
27. März bis 15. Mai
22.10 ? 23.10 DMAX
Helden hart am Wind
jeden Dienstag 22.10 Uhr