Sieben. Entdeckungen unter weißem Tuch (Das Grabmal des Mausolos in Halikarnassos).

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Donnerstag, 09. August 2012
von Matt - Muencheberg
Segel-Törn in die Antike: Eine traditionelle Gulet im Golf von Kos, mit Kurs auf Bodrum, Foto (c): nass-press.
Der Muhecin ruft seine Schäfchen wie ehedem zum Gebet, als wir die Milta Marina Bodrum an der türkischen Seite der Ägäis betreten. Auch er habe sich daran erst gewöhnen müssen, sagt Lars Steiner, Eignerssohn des Segelschiffes, mit dem wir morgen zu einer Blauen Reise aufbrechen, wie gemeinhin der Törn mit einer traditionellen Gulet genannt wird. Die aus Holz gefertigten, dickbauchigen, meist zweimastigen Motor-Segler eignen sich durch ihre flache und robuste Bauform gut für das entspannte Absegeln des türkischen Teils der Ägäis, der vom Marmarameer im Norden bis hin zum südwestlich gelegenen Ort Fethiye reicht. Nur gut zwei Flugstunden von Deutschland entfernt, schalten wir ab dem Betreten unserer modernen Holz-Yacht schnell in den Entspannungsmodus. Der Bau von Holzschiffen wie der Gulets hat an der türkischen Ägäisküste eine jahrhundertealte Tradition, lesen wir: Schon im vierten Jahrhundert, seit der Zeit des damals herrschenden Königs Mausolos also, war Bodrum ein bedeutsames Zentrum des Bootsbaus. Sogar König Ptolemäus von Ägypten ließ hier seine Kriegsschiffe bauen. Und noch heute haben die Schiffe erstaunliche Ähnlichkeit mit jenen aus der Antike. Es waren schlanke, schnelle Ruderboote mit je einer Ruderreihe auf jeder Seite, die bei Bedarf auch gesegelt werden konnten. Ägypter und Phönizier gelten als die ersten Seefahrer der Geschichte, und mit dem steigendem Handelsbedarf gewannen auch die Hafenstädte an der Ägäisküste immer mehr an Bedeutung. Schifffahrtsgeschichte und antike Historie allenthalben: Das älteste Schiffswrack von Uluburun wurde bereits 1350 vor Christus entdeckt - unweit von Bodrum, was im Türkischen soviel bedeutet wie unterirdisches Gewölbe und an die verschütteten Reste des Grabmals des Mausolos erinnert. Das gilt gemeinhin als eines der Weltwunder: Das Mausoleum wurde ca. 368 bis 350 v. Chr. in Halikarnassos, der neuen Hauptstadt Kariens in Kleinasien, im heutigen Bodrum an der Ägäis-Südwestküste der heutigen Türkei errichtet. Auf einer 105 m auf 244 m großen Felsterrasse auf einem Hügelhang, die später als Grabbezirk von einer Umfassungsmauer (περίβολος − Peribolos) umschlossen wurde, hob man das Fundament aus. Seine Berühmtheit seit der Fertigstellung war so groß, dass die Begriffe Maussoleion und Mausoleum seitdem zum Synonym für eine großartige Grabanlage wurden. Das Wort „Maussol–eion“ selbst bedeutet übrigens „dem Maussolos gewidmet oder gehörig“ (ähnlich wie Artemision, das soviel bedeutet wie Tempel der Artemis). An der Stelle des antiken Halikarnassos befindet sich heute die Touristenmetropole Bodrum. Tausende von Seglern haben hier ihren Liegeplatz, die Marina ist zu 170 Prozent ausgebucht. Gleich oberhalb der Marina erlaufen wir uns das Grabmal des Mausolos, ein Muss, bevor die Segel gehisst und die Festmacherleinen gelöst werden. Und fassen einen kühnen Plan: Warum nicht alle sieben der sogenannten Weltwunder unter Segeln erkunden? Halikarnassos, das soll unser erster meilenstein auf dem Wasserweg in die Antike sein. Eine gute Idee für den Urlaub mit der eigenen oder der gecharterten Yacht, finden wir. Und lesen weiter: Mehrere der erst seit dem 15.Jahrhundert wieder in Mode gekommenen Stätten liegen dicht beieinander: Im Norden, quasi gleich um die Ecke, können die Reste des Tempels der Artemis von Ephesos bewundert werden; der einstige sagenhafte Koloss stand, nur einen Tagestörn Richtung Süden, am Eingang des Hafens von Rhodos. Wer ein paar Tage mehr Zeit im Seesack hat, segelt gleich weiter mit südöstlichem Kurs und schaut sich an, wo im Alexandria längst vergangener Tage der bekannte riesige Leuchtturm gestanden haben mag. Mit einer Feluke geht es dann Nilaufwärts, zum einzig heute noch erhaltenen Weltwunder, der Cheops-Pyramide. Nur die ehemalige Zeus-Statue in Olympia und die Hängenden Gärten der Syramis von Babylon liegen etwas weiter entfernt. Kein Problem. Uns jedenfalls hat nach dem Besuch des historischen Halikarnassos das Weltwunder-Fieber gepackt: Nächsten Monat schon gilt es, das nächste zu erkunden. Natürlich auf dem See-Weg: Dann schiffen wir uns ein auf einem Flusskreuzfahrt-Dampfer und auf einer stilechten Feluke. Bei unserem Abschied, eine traumhaft schöne Segel-Woche auf unserer Gulet mit dem Namen Xenos entlang der türkischen Ägäis liegt hinter uns, ruft der Muhecin am Hafen von Bodrum die Gläubigen zum Gebet. Derweil beobachten wir gebannt das bunte Treiben ein- und auslaufender Schiffe und Yachten, ein Großteil davon Gulets neueren Datums. Da bedarf es nur wenig an Phantasie, um sich in eine Zeit zurückversetzt zu fühlen, als Bodrum noch Halikarnassos hieß, und als Gulets vor allem als tüchtige Handelssegler fungierten, die Amphoren mit Oliven und Wein und viele andere kostbare Güter entlang der türkischen Küste beförderten. Und als zum ersten Mal überhaupt die sieben Weltwunder schriftlich vom phönizischen Schriftsteller Antipatros von Sidon geschildert und so überhaupt erst der interessierten Nachwelt erhalten wurden. Vielleicht sieht man sich ja demnächst, auf dem Nil. Mast- und Schotbruch wünscht bis dahin jedenfalls Ihr Matt.Müncheberg, info@muencheberg-media.com.

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