Ob sie auch gut segelt?
Ende September 2013. Eigentlich wollte ich gar kein Boot kaufen. Das Kapitel war für mich irgendwie abgeschlossen. Nach diversen Jollen, Jollenkreuzern und einem Nordischen Holz-Folke war das Thema für mich passé. Eigentlich. Der Job ließ mir dafür einfach keine Zeit. Dachte ich. Bis mich letztens ein Freund fragte, ob ich nicht sein Boot übernehmen wolle. Seine Freundin werde nach einiger Zeit an Bord immer seekrank. O.k., sagte ich, man könne sich ja das Boot einmal gemeinsam anschauen. Ich versprach mir von dem Ausflug, mal aus dem Büro rauszukommen und ein wenig „See“- Luft zu schnuppern. Mehr nicht. Was denn das überhaupt für ein Boot sei, fragte ich? Eine Jaguar, bekam ich zur Antwort. Jaguar? Das Netz zeigte mir, dass es von dem UK-Design eine 22-, eine 25- und eine 27 Fuß lange Variante gibt. Das Boot: ein Schwenkkieler, etwas älter, aber sehr robust, zugelassen für küstenferne Fahrt. Mit eingebauter Seetoilette (!), Schlafplätzen für Vier, großer Plicht und umlaufender Reling. Cool, dachte ich, mit 27 Füßen kann man ja schon richtige Törns unternehmen... Fortan ließ mich der Gedanke nicht mehr los. Ich sah mich schon Rund Rügen, nach Christiansö und Ærø segeln. Dann die Ernüchterung: Es handele sich lediglich um die 22 Fuß lange Version, sagte mein Freund leise. Baujahr 1970, fügte er noch leiser hinzu. Der hatte das Boot – wie sein Vorgänger übrigens auch – ohne Rigg und Schwert lediglich als „Motorboot“ für Badetörns benutzt, wie sich dann herausstellte. Huh, 43 Jahre alt, war mein erster Gedanke, das ist ja eine richtig alte Dame. Doch bei der Besichtigung gab es dann Entwarnung: gebraucht, ja, aber gut gepflegt und in ordentlichem Zustand. Damals laminierte man eben noch richtig fett. Das hält nochmal 40 Jahre, dachte ich. Nachteil: Allzu schnell wird man damit wohl nicht segeln können. Schon war es wieder da, das längst vergessen geglaubte Regattafieber. Vielleicht hätte man nach Yardstick – bei einem entsprechenden Faktor – ja eine Chance? Aber welchen YS-Faktor hat die Jaguar überhaupt? Fragen über Fragen. Das stehende und laufende Gut war jedenfalls in Ordnung. Segel: über die Jahre trocken gelagert; gebraucht und auch an einer Stelle geflickt, aber vorerst verwendbar. Ich kaufte das Boot. Der Preis war in Ordnung, das Zubehör – fast – komplett. Plötzlich war ich Eigner eines 22 Fuß-Schiffchens! 22 Fuß, das sind bummelige 6,60 Meter – gut, dann eben nicht der ganz große Schlag. Dafür ist es eh besser, zu chartern, sagte ich mir (und charterte kurz darauf eine Koje für einen Transatlantiktörn für den nächsten April). Also Müggelsee, vorerst, dann vielleicht Ostseeküste, Bodden, Dänische Südsee. Bornholm. Und danach… Mein Sohn meinte, wir sollten das Boot RAZZLE DAZZLE nennen – nach dem ersten Schiff des „Seewolfes“ Wolf Larsen. Gute Idee, fand ich. Und merkte, wie sich meiner eine kindliche Vorfreude bemächtigte. Schade nur, dass die Saison gerade zu Ende ist. So bleibt mir nur, auf das nächste Frühjahr zu warten. Voller Ungeduld. Und voller phantastischer Pläne.