Hat noch gut lachen: Hanse-Chef Michael Schmidt hat seine Werft gut für die Krise präpariert. Foto: (c) nass-press.
Zweifler haben es ja schon lange vorausgesagt: So könne das nicht weitergehen mit dem Steilflug bei Hanse. Nun gut, könnte man meinen, Zweifler – und Meckerköppe – gibt es immer. Doch was steckt dahinter? Wohin treibt die deutsche Werftenbranche? Dass selbst die 40.Internationale Bootsausstellung Düsseldorf im Zeichen der weltweit grassierenden Finanzkrise stehen wird, mag nun wohl noch kaum jemanden verwundern. Denn die macht naturgemäß auch vor dem Kerngeschäft der Bootsbau-Branche nicht halt. HanseYachts, von Geschäftsgründer und -führer Michael Schmidt 1993 in Greifswald mit pfiffigem Konzept und neuen Modell – der damals revolutionären Hanse 291 – zum Leben erweckt, mauserte sich über die Jahre zum drittgrößten Serienhersteller von Segelyachten weltweit, gleich nach der Beneteau / Jeanneau-Gruppe sowie Bavaria. Mit der Übernahme der skandinavischen Motoryachtwerft Fjord Ende 2005 / Anfang 2006 und der englischen Traditionsmarke Moody Anfang 2007 erweiterte Schmidt das Unternehmens-Portfolio klug. Doch dann begann, was für einige der Beginn des Endes war: Im Frühjahr des letzten Jahres ging HanseYachts schließlich die Börse.
Nach eigenen Angaben war der Umsatz der Unternehmensgruppe allein im letzten Jahr um dreißig Prozent auf 135 Mio. Euro angestiegen. Doch die fetten Jahre sind nun erst einmal vorbei. Das mussten 110 Mitarbeiter der in der Greifswalder Salinenstraße ansässigen Werft schmerzlich erfahren, als ihnen vor kurzem Blaue Briefe ins Haus flatterten. Entlassungen – noch vor einem Jahr wäre diese Möglichkeit wohl von niemandem der an der Ryck Beschäftigten ernsthaft in Betracht gezogen worden. Betroffen sind nun zwar überwiegend befristete Arbeitsverträge und Arbeitsverhältnisse in der Probezeit, auch für einen Teil der restlichen Belegschaft des Konzerns musste jedoch bereits Kurzarbeit beantragt werden. Doch was sich in offizieller Lesart neben der Reduzierung der Mitarbeiterzahl als „Anpassung der Kapazitäten an das Marktumfeld“ darstellt, ist bei HanseYachts mitnichten nur der allgegenwärtigen, sogenannten Finanzkrise geschuldet.
Seit dem Börsengang seien 30 Mio. Euro ins Unternehmen investiert worden, sagt Udo Potthast, von dem Geld sei beispielsweise eine sogenannte Fünf-Achsfräse gekauft worden. Eine Investition in die Zukunft, die sich bald auszahlen könnte: Denn damit seien die Voraussetzungen für eine Serienfertigung von Yachten von bis zu 80 Fuß Länge geschaffen worden, erklärt HanseYachts-Finanzvorstand Potthast. Negativer Nebeneffekt: Die technische Aufrüstung des Unternehmens, zu der auch der Kauf von Immobilien und einer hochspezialisierten Software zählt, habe den Gewinn erst einmal kräftig schrumpfen lassen. Den Rest besorgte die Krise: Über achtzig Prozent büßte der Aktienkurs bisher ein. Insbesondere die wichtigen Absatzmärkte im europäischen Ausland brachen dem Greifswalder Unternehmen weg. Wir richten uns darauf ein, dass die nächsten eineinhalb Jahre schwer werden, sagt Potthast.
Da ist es nur ein schwacher Trost, dass andere Großunternehmen der Branche ähnlich schmerzhafte Umsatzeinbrüche verzeichnen mussten. Glaubt man der Konjunkturumfrage des Kölner Bundesverbandes Wassersportwirtschaft (BVWW e.V.), hat sich die maritime Konjunktur in Deutschland zur Jahresmitte – nach der positiven Entwicklung der vergangenen Jahre – deutlich abgekühlt: 40,4 Prozent (Vorjahr: 24,5) der befragten Unternehmer beurteilten die Geschäftslage schlechter als im vergangenen Jahr, und 43,8 Prozent glauben nicht an eine Verbesserung in der nächsten Zeit. Zum Vergleich: Im Vorjahr waren es nur 16,5 Prozent der Befragten, die für ihre geschäftliche Zukunft schwarz sahen. Besonders betroffen ist der Neubootmarkt, so die Konjunkturumfrage weiter, jeweils die Hälfte der Segel- und Motorboothändler hätten von deutlichen Umsatzrückgängen berichtet. Wie sieht sie nun aus, die Zukunft für die deutschen Werften?
Man könnte meinen, Yachten wie die aus Greifswald würden sowieso nicht von Honoraren der Käufer bezahlt, sondern aus Vermögen, wie das eben so ist bei hochpreisigen Luxusgütern. Doch so einfach ist das nicht. Auch die potentiellen, vermögenden Käufer halten sich derzeit zurück. Grund dafür könnte sein, dass auch bei denen, die ohnehin viel hatten, Geld und Geldwert in Größenordnungen vernichtet worden sind. Da muss man erstmal tief durchatmen. Zumindest in Bezug auf die Bootsschmiede in Greifswald glaubt sich HanseYachts-Vorstand Potthast indes auf dem richtigen Weg: Durch die konsequente Modernisierung der Werft in den letzten Monaten sind Investitionen in den kommenden Jahren unnötig, ist sich der 43jährige Geldspezialist sicher, der seit April 2008 dem Unternehmen angehört.
Auch die Ausrichtung der Konzernleitung auf die drei Marken Hanse, Moody und Fjord anstatt auf nur eine Produktlinie könnte im rauhen Finanz-Fahrwasser der kommenden Monate helfen, eine breitere Nachfrage zu bedienen und so einen weiteren Gewinneinbruch zu stoppen und vielleicht sogar in absehbarer Zeit umzukehren, hofft Potthast. Schließlich tüftelten die Mitarbeiter um Firmenchef Michael Schmidt unermüdlich an neuen Modellen, auch das ein Plus in den Augen des HanseYachts-Mannes, wenn es darum geht, die Position auf dem Markt gegenüber den Wettbewerbern zu verbessern. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Und kann in Zeiten stürmischer See durchaus als Vorbild herhalten für andere Werften. Motto: Seid kreativ. Seid mutig. Macht weiter.
So wird neben dem kompletten Spektrum der Hanse-Yachten zwischen 32 und 63 Fuß auf der Boot etwa auch die Neuentwicklung Moody 41 Classic und die neue 45 DS gezeigt werden. Mit großer Spannung erwartet wird die Düsseldorfer Weltpremiere der neuen, fünfundvierzig Fuß langen Moody Classic. Und damit nicht genug: Weitere Modelle wie etwa eine 80 Fuß-Hanse und eine neue, zweiundsechzig Fuß lange Deckssalon-Version von Moody sind bereits in Planung und sollen schon im Sommer (Moody) beziehungsweise in den nächsten zwölf Monaten (Hanse) vorgestellt werden. Damit könnte sich das Konzept der Werft an der Ryck, dem Markt mit Mut und Innovationen zu begegnen, ein weiteres mal bewährt haben. Vielleicht hat es sogar ihr Überleben gesichert.
Auf jeden Fall zeigt das Beispiel von HanseYachts deutschen Bootswerften aber einen Weg auf, wie Unternehmen der Branche mit der allgemeinen, von Kaufzurückhaltung und Zögerlichkeit gekennzeichneten Krise kreativ umgehen können. Finanzvorstand Potthast gibt sich optimistisch: Wir reagieren schnell auf die Bedürfnisse unserer Kunden und haben von Anfang an auf einen hohen Individualitätsgrad beim Bau unserer Yachten gesetzt, das zahle sich auf Dauer aus. Was jetzt nur noch fehlt, sind die Käufer.
Dann bedürfte es wohl auch nicht mehr der Bildung einer Bürgerinitiative zur Rettung der Werft, wie ein Blogger scherzhaft in einem Internetforum vorgeschlagen hat: Danach solle jeder zehn Aktien kaufen; gehe die Werft dann trotzdem pleite, lasse man sich mit einer Hanse-Yacht auszahlen und haue damit rechtzeitig vor dem nächsten Börsencrash in die Karibik ab.
Einen guten Start ins neue Jahr wünscht Ihnen Ihr Matt.Müncheberg.