Die Finca Binicomprat
Geheimtipps für gutes Essen und gediegene Übernachtung, jenseits von Ballermann & Co
Von Dirk Engelhardt
Etwas weniger luxuriös als in den großen Hotels an den zahlreichen Stränden der Insel, dafür umso naturnaher geht es auf den Landhäusern der Insel zu. Die Finca Bini Comprat ist nur 15 Minuten von Palma entfernt, doch man blickt von hier auf nichts als pure Natur, saftig-grüne Wiesen, Steineichenwälder und Pinien. Das Landgut befindet sich seit 500 Jahren in Familienbesitz, und ist gleichzeitig Weingut. „Wir produzieren pro Jahr 15.000 Flaschen“, erzählt Juana Oliver bei einer Weinprobe in der Bodega des Hauses. Mit den großen Produzenten auf der Insel will man gar nicht konkurrieren. Die Felder wurden jüngst auf Bio umgestellt, doch das Siegel darf erst im nächsten Jahr auf die Flaschen. Man wolle jedoch nicht in die Öko-Schiene, sondern mit der eigenen Qualität des Weines punkten. Grundsätzlich steht alles in der Finca allen offen, Türschlösser werden praktisch nie verriegelt. Neben dem Pool ist eine Laube für Grillabende, auf dem gut gefüllten Kühlschrank liegt eine Strichliste für die entnommenen Flaschen. Solche Kleinigkeiten sind es, die zu der völlig relaxten Atmosphäre beitragen, meilenweit entfernt von Hotelliegen, die mit Handtüchern reserviert werden.
Knecht Alfonso zeigt Gästen stolz den von ihm beharkten Gemüsegarten. Salat, Kräuter, Tomaten und Erdbeeren gibt es im Sommer frisch für die Gäste beim Frühstück. „Noch fehlt die Sonne“, sagt Alfonso, doch im Juni und Juli wird es schon werden. Hinter dem Gärtchen treiben drei Esel ihre Spiele. Zur Freude der Kinder lässt die Stute den Esel nicht ran, und verpasst ihm, wenn er zu aufdringlich wird, kräftige Tritte in die Flanke. Mindestens genauso interessant ist die Hauskatze, die gerade zwei supersüße Babies bekommen hat, die sie nur ungern zum Streicheln abgibt.
Im Haupthaus gibt es neben der Küche und dem Frühstücksraum eine Kapelle, die aus altkatholischen Zeiten original erhalten ist. Das ganze Haus wurde vor 15 Jahren aus einem ziemlich verfallenen Zustand von Grund auf renoviert, wie Fotos in der Empfangshalle bezeugen. Die Ausstattung der Zimmer (die größeren haben eine Fläche von rund 80 Quadratmeter!) zeugt von der Stilsicherheit der Betreiber: weiche Sofas neben dem offenen Kamin laden zum Kuscheln ein, antike Kommoden und ein wunderbares nostalgisches Himmelbett im Schlafzimmer machen Gäste schnell in den Landhaus-Charme verliebt.
Nicht weit vom Hafen Palmas liegt das trendige Ausgehviertel der Hauptstadt, Santa Catalina. Eine Bar reiht sich hier neben die andere, wobei man deutsche Bierlokale wie in El Arenal vergebens sucht. Im Restaurant „Living“ sitzt man auf bequemen Massivholzstühlen, dazu plätschert leise Lounge-Musik aus Lautsprechern. Es ist zwar keine typisch mallorquinische Küche, die Betreiberin Emanuela serviert, doch das abendliche Menü ist einen Versuch wert. Eine Speisekarte gibt es hier nicht, angeboten wird nur ein Degustationsmenü aus marktfrischen Zutaten. Mit vier Gängen kostet es 20,50 Euro, jedoch wird das Essen mit jedem einzelnen Gast persönlich abgesprochen und eventuell modifiziert. Offiziell rangiert die Küche unter der Bezeichnung „Fusion“, doch hat jeder Gang eine individuelle Geschmacksnote, wie zum Beispiel fritiertes Doradenfilet auf chinesischem Wok-Gemüse, oder Entenconfit mit toskanischer Pecorino-Creme und Pakchoy. Die toskanische Pecorino-Creme geht auf Chefin Emanuela zurück, die aus Italien stammt. Die Grazie, mit der sie die jeweiligen Gänge (auch auf Deutsch) ansagt und das Essen und den Wein serviert, würde jedem Sterne-Restaurant zur Ehre gereichen.
Die Köche haben hier, im Gegensatz zu vielen eher nichtssagenden Menükarten von Restaurants in Palma, den Mut zu kreativer Küche, man kombiniert hier Olivenöl mit Vanille und Basilikum oder wagt sich an ein Korianderpesto mit frischer Minze.
Paella, Tapas und Sangria wird man auch im Restaurant „Sea“ vergebens suchen. Obwohl das Restaurant nicht weit vom „Ballermann“ entfernt ist, kommen in die versteckt gelegene Adresse in einem ruhigen Wohnviertel in Cala Estancia fast nur Einheimische. Im Inneren gibt es nur zwei Farben: schwarz und weiß. Nicht einmal die Kellner mit ihren schwarzen Anzügen stören diese Atmosphäre. Ab 21:30 Uhr treffen die ersten Gäste ein, die Tische sind mit Designer-Besteck, weißem Leinen und kleinen Kunstwerken hergerichtet. „Para picar“ kommen vier Salzsorten aus Mallorca, zwei frisch gebackene Brotsorten, zwei Olivenöle und ein hervorragendes Aioli auf den Tisch. Die Vorspeisen – jeweils um 18 Euro – dürften zu dem Besten zählen, was die Restaurants der Insel bieten. Perfekt harmonieren die Kontraste des Lachsfilets, abgeschmeckt mit Limonensauce, Pfeffer und Vanillecreme. Der aufmerksame Service bespricht dazu zwar vorher die Weinauswahl, und merkt sich die Vorlieben der Gäste. Nach dem Hauptgang, einem köstlichen Rinderfilet auf Portweinsoße und Blätterteigpastete mit Parmesan und karamellisierter Zwiebel (25 Euro) kommt eine Probe eines süßen Moskatel.
Jedes Weinglas – auch das in hochklassigen Restaurants eine Seltenheit – wird vor der Benutzung mit einem Fingerhut voll Wein mit gekonnten Handbewegungen „gereinigt“. Obwohl keine Musik läuft, erreicht der Geräuschpegel des Restaurants nach zwei bis drei Stunden einen hohen Level – zumal das Haus meist ausgebucht ist.
Sea Restaurant
Carre Congre 26
07610 Palma
Tel. 0034 971261337
www.seapalma.com
Restaurante Living
Cotoner 47
Palma de Mallorca
Tel. 0034 971455628
www.restaurante-living.com
Possesió Binicomprat
Algaida
Tel. 0034 971 125028
www.fincabinicomprat.com