Kurs Korfu! (Wie man sich seine per Subventionen gezahlten EU-Steuern zurückholen kann)

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Mittwoch, 17. Juli 2013
von Matt - Muencheberg
Hafen von Astrakari: Praktisch gelegen, aber versandet.
Schwarze Oliven – Insel der Phäaken“ lautet der Titel des Korfu-Klassikers aus den vierziger Jahren von Lawrence Durell. Das ehemalige Wohnhaus des britischen Schriftstellers und Diplomaten im Nordostteil der Insel steht am Rande der Ankerbucht von Kalami, die wir auf unserem Korfu-Entdeckungstörn als erstes anlaufen. 1935 zog Durrell mit seiner Mutter, Frau und Geschwistern in die heute als „White House“ bekannte Villa am Meer, in der er lebte und schrieb – bis die deutsche Armee anrückte und er, 29jährig, nach Kairo floh. Wie die meisten der anderen Segler auch fliegen wir bis zum südlich der Altstadt gelegenen Flughafen von Korfu, dem Kratikos Aerolimenas Kerkiras Ioannis Kapodistrias. Von dort geht es für Viele per Pkw oder Taxi direkt zur etwa 20 Minuten entfernten Marina von Gouvia im nördlichen Teil der Ostküste der Insel. Von hier aus wollen wir in den nächsten Tagen den nördlichen Teil der Insel bis hinunter nach Benitses im Osten und Paleokastritsa an der Westküste erkunden. 1. Stop: GOUVIA, an der gleichnamigen Bucht von Gouvion gelegen und Ausgangs- und Endpunkt unseres Törns, erschien uns nicht wirklich einladend, doch für Charterer findet sich hier jeglicher Service – und die Marina ist tatsächlich ein idealer Starthafen für Ausflüge Richtung Norden, um etwa zu den Diapontischen Inseln zu gelangen, oder südlich nach Paxos, Antipaxos, Lefkas, Kefallonia oder Zakinthos segeln zu können. Gleich mehrere Charteranbieter haben ihre Schiffe hier zu liegen. Knapp 1.000 Motor- und Segelyachten liegen im Hafengelände an Schwimmstegen. Wer will, mietet sich ein Moped und fährt in 15 Minuten in die Altstadt von Korfu, Kerkira. Wir wollen den Nordteil der venezianisch geprägten Insel erkunden; unter Motor und Segeln passieren wir an Backbord die alten, frei zugänglichen Ruinen der ehemaligen Venezianischen Schiffshallen, lassen die rote Tonne am Ausgang der kleinen Bucht an Steuerbord liegen (Achtung: rechts davon wird es sehr schnell sehr flach), und segeln erst nördlich, dann mit Kurs West um die nordöstliche Spitze der Insel herum. Doch so richtig interessant wird es bei unserem 2. Stop: ASTRAKARI, an der Nordseite Korfus, gelegen nördlich Karousádes, zwischen Roda im Osten und Sidari im Westen, erreichen wir bei Sonnenuntergang. Ein optimal gelegener Etappenhafen auf dem Weg rund Korfu entgegen des Uhrzeigersinns mit qualitativ hochwertigen, noch recht neu scheinenden Aluminium-Schwimmstegen, einer aufgeschütteten Steinmole, die vor dem ab mittags einsetzenden „Maestro“, einem im Sommer bis 10 Knoten starken nordwestlichen Seewind, schützt, einem nahen Strand und „The Three Brothers“, einer gemütlichen Fischtaverne gleich oberhalb des Hafenbeckens. Es gibt nur ein Problem: der Hafen ist fast komplett versandet, für uns unerreichbar. Lediglich ein paar kleine, flachgehende Fischerboote haben seitlich an den Kaimauern festgemacht, ein paar GfK-Segelboote, die schon bessere Tage gesehen haben, liegen fest an den Stegen. Durch die ständige Bewegung der Rümpfe haben sich ihre Kiele selbst freigeschwoit; doch drum herum ist der Grund so flach und zudem von Kraut bewachsen, dass man im Wasser laufend zum Boot gelangen könnte. Wer immer diesen Marina-Neubau vor nicht allzu langer Zeit finanzierte, hat augenscheinlich nicht dafür gesorgt, dass dieser Hafen nach der Fertigstellung auch ordentlich bewirtschaftet wird, um die Mittel wieder einzuspielen. Sollte es sich bei dieser Hafensanierung gar um ein EU-Projekt handeln? Wir bleiben ankernd draußen, das ist auch nicht schlecht. Gut, dass der Wind in dieser Region abends einzuschlafen pflegt. Warum zeigt hier niemand Eigeninitiative? Fragen über Fragen, die wir uns auf unserem Wasser-Weg um den Nordteil Korfus in den nächsten Tagen immer wieder stellen werden. Wir hätten hier gern einen Stop eingelegt – und auch gern ein paar Euro dagelassen, denn die Häfen an der Nordküste Korfus sind rar gesät. AGIOS STEFANOS heißt unser 3. Ziel. Der Hafen liegt laut Karte nördlich des Kaps Kefali am westlichsten Punkt Korfus. Idyllisch in Steilküsten eingebettet, bietet dieser kleine Hafen erneuerte Kaianlagen; ein schönes, neues Sanitätsgebäude lädt zu einem (kostenlosen) Besuch, eine Steinschüttung schützt vor Schwell und lässt einen herrlichen Blick auf die Steilklippen von Agia Pelagia zu. Doch – oh Schreck, auch hier dasselbe Dilemma: auch dieser Hafen droht komplett zu versanden, wenn nicht ganz schnell, sprich: noch in dieser Saison gebaggert wird. Bewirtschaftet wird auch er nicht. Wieder müssen wir mit unserem Tiefgang „draußen bleiben“, gehen vor Anker und erkunden den Hafen mit dem Dinghi. Wir treffen den nach Amerika ausgewanderten Griechen Niko aus Agios Stefanos, der, wegen einer Erbschaft gerade in die Heimat zurückgekehrt, fassungslos vor „seinem“ schönen Hafen steht. Auch er kann kaum glauben, dass dieser praktisch gelegene Hafen quasi nicht mehr befahren werden kann, es sei denn, „man besäße ein wirklich sehr flachgehendes Schiff“ – so wie die Fischer, die hier ein paar ihrer kleinen Boote festgemacht haben. Wer gab Geld für die Erneuerung des Hafens? Für das neue Sanitätsgebäude? Wurden auch hier EU-Mittel „versenkt“? Und: warum kümmert sich nun niemand mehr um den Zustand des Beckens? Kopfschütteln in unserer Runde. Ein Leichtes müsste es doch sein, den Hafen zu pachten, einen Schwimmbagger kommen zu lassen, um Yachten einen attraktiven Liegeplatz bieten zu können. Doch wie realistisch wäre es wohl, wollte man das als einheimischer Grieche – oder als „Ausländer“ tatsächlich versuchen wollen? Bis 2012 lag im Hafen von Agios Stefanos noch die kleine, blauweiße Fähre, die zu den Diapontischen Inseln Mathraki, Othoni und Erikoussa pendelte. Nun suchen wir sie vergebens – es ist im Hafen einfach zu flach für sie. Wir segeln weiter – Richtung Süden, zu unserem 4. Stop in PALEOKASTRITSAS an der Bucht von Liapadon. Doch die Plätze am für Yachten reservierten vorderen Steg sind begrenzt, und plötzlich sehen wir auch die Fähre wieder, die hier ihr neues Domizil gefunden zu haben scheint. Schlecht nur, dass sie, quer am Yachtsteg liegend, nun auch noch zwei komplette Liegeplätze für Segel- oder Motorboote blockiert. Doch, kein Problem, der Hafen und die nächste Bucht (von wo aus die Ausflugsschiffchen zu den Höhlen und nur per Boot zu erreichenden, einsamen Stränden in den nahegelegenen Buchten starten) sind gut geschützt und laden zu einem Ankermanöver ein. Mit einem Auto machen wir einen Abstecher den Berg hinauf nach Lakones und kehren in der „Bakalokafenio“ ein, von der aus wir einen atemberaubenden Ausblick auf Hafen und Buchten von Paleokastritsas haben. Es gibt Stimmen, die behaupten, dass dieser Ausblick schöner sei als der vom am Wasser gelegenen, kleinen Ort Paleokastritsas selbst. Wir trinken Korfu-Bier und süßen Cappuccino, dazu gibt es köstlichen selbstgebackenen Nuss-Kuchen. In einem Bunker am Hafen sollen einst Waffen gelagert worden sein. Heute verschließt ein zierliches Vorhängeschloss die armdicken Stahltüren. Auch Teile eines James Bond-Filmes wurden hier gedreht. Wir segeln zurück, dieses Mal im Uhrzeigersinn, und rauschen mit einigen Stopps in einsamen Buchten mit glasklarem Wasser, Stränden und vielen Restaurants und Café s am Wasser nach Korfu Stadt. KERKIRA, Stop 5 auf unserem Nord-Törn, bietet gleich zwei Häfen für Segler: zum einen den nördlich gelegenen, schöneren beim „Neuen Fort“, der aber oft sehr voll ist und zudem bei Nordwind keinen optimalen Schutz bietet, zum anderen den Südhafen von Kerkira, der zwar geschützter liegt, aber wenige Liegeplätze bereithält, und in der Saison ebenfalls oft überfüllt ist. Doch für eine Nacht lohnt das Liegen – Abstecher in die venezianisch geprägte, verwinkelte Altstadt oder – mittels Fähre – zur nahen, romantischen Insel Vidos mit ihren schönen Wanderwegen locken. Weiter geht es, Richtung Süden, aber dieses Mal an der Ostküste entlang, vorbei an der sogenannten Kaiserbrücke, bis zum nächsten Yachthafen. BENITSES heißt der und ist unser Törnziel Nummer 6. Wir sind erstaunt, denn der moderne, weitläufige Yachthafen vor dem etwas in die Jahre gekommenen Ort mit den vielen Touristenbetten und dem quasi nicht vorhandenen Strand ist proppenvoll – und scheinbar auch tief genug – nur noch vereinzelt sind einige wenige Boxen frei. Eine Amel-Yacht aus Österreich macht an der Sliprampe fest – manchmal ist es durchaus vorteilhaft, einen nicht allzu großen Tiefgang zu heben. Dicht an dicht liegen kleinere und größere Yachten, manche, so scheint es liegen hier schon sehr lange. Die Hafenanlage macht einen aufgeräumten, neuen, und frischen Eindruck. Mehrere moderne Hafengebäude wurden errichtet, an den Stegen gibt es praktische Klampen, Wasser und Strom. Wir suchen einen Hafenmeister, wollen Informationen zum Hafen und zur Höhe der Liegegebühr. Indes, die Gebäude sind verschlossen – und sind wohl schon seit langem zu. Kein Hafenmeister in Sicht. Ein Verdacht keimt in uns auf – und wird schließlich zur ernüchternden Gewissheit: Dieser Hafen wird – seit Fertigstellung vor mehreren Jahren (!) – ebenfalls nicht bewirtschaftet! Diese Vermutung bestätigt uns eine Deutsche, mit der wir etwas später ins Gespräch kommen. Sie liege schon längere Zeit mit ihrer Hallberg-Rassy hier, sagt sie, bezahlt hätten sie dafür noch nie etwas, das mache hier niemand. Wer denn für Strom und Wasser abkassiere, wollen wir daraufhin wissen – niemand, gibt die Dame nach einigem Zögern zu. Das sei doch eine gute Sache, „schließlich wolle man hier ja keine deutschen Verhältnisse“. der Hafen sei super, so wie er sei, nur eines, das habe sie schon zu bemängeln: der Wasserdruck in den Leitungen am Steg sei „manchmal ziemlich schwach“. Uns verschlägt es fast die Sprache. EU-finanziert? Vor einigen Jahren fertiggestellt – und nicht bewirtschaftet? Was wird hier eigentlich genau subventioniert, wenn es denn so ist, dass hier Steuergelder aus den Brieftaschen der Bürger entnommen werden? Nur um Missverständnissen vorzubeugen: Selten haben wir uns in einem Land so wohl gefühlt, haben freundliche, aufgeschlossene Menschen getroffen, und uns in einem Land willkommen gefühlt, das geprägt ist von jahrhundertealter Kultur, einer überwältigenden Natur, das ein Paradies für Segler ist mit vielen lauschigen Anker- und Badebuchten, Restaurants und Cafes direkt am Wasser, moderaten, stetigen Winden und angenehm warmen Temperaturen. Apropos Paradies: Zwar mag es manch einem vielleicht paradiesisch erscheinen, einen Liegeplatz, für den man im Jahr zwischen vier- und sechstausend Euro zahlen müsste, kostenlos in Anspruch nehmen zu können. Doch sich auf diese Art und Weise die Mittel des sogenannten „Rettungsschirmes“ als Europäer auf privater Ebene wieder zurückholen zu wollen, erscheint uns zumindest heuchlerisch und in starkem Maße unseriös. Andererseits: selbst zahlungswillige Liegeplatznutzer haben wie hier in Benitses ein echtes Problem: Wohin mit dem Geld? Dann geht es auch schon zurück zur Marina Gouvia, nicht ohne vorher noch einmal einen spektakulären Sonnenuntergang oberhalb der Steilküste von Peroulades an der Nordostküste der Insel genossen zu haben. Bier und Pina Colada im „7th Heaven“ mit einer kleinen durchsichtigen Skywalk-Plattform über den Klippen schmecken, die Sonne verdampft scheinbar zwischen den vorgelagerten Inseln Diaplo und Mathraki auf der einen und Erikoussa und Othoni auf der anderen Seite dramatisch und glutrot ins Ionische Meer. Easy-Listening-Musik ertönt, die Bar ist gut gefüllt. „Geht doch“, denken wir, leeren unsere Gläser und gehen – um wiederzukommen. Denn wir haben diese Insel und ihre freundlichen, zuvorkommenden Menschen, die einmalige Natur und das nahezu ideale Segelrevier fest in unser Herz geschlossen, auch oder gerade deshalb, weil es hier (noch) so ist, wie es ist. Einige Dinge werden sich auch hier in den nächsten Jahren wohl oder übel ändern (müssen). Andere vielleicht auch nie…

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