- Segelyacht
- 2023
- 15 m
Hanse 460
Castiglioncello, Toskana
- 10 Kojen
- 3+1 Kabinen
- 2 WC
Ganovenstück. Wenn sich der G’schwinde mit dem Ungünstigen anlegt, heißt es Lenzen vor Topp und Takel.
von Jürgen Preusser , veröffentlicht in YACHTREVUE 2/2019
Viele von euch kennen ihn, obwohl es höchst unwahrscheinlich ist, ihm an einem Adria-Hot-Spot zu begegnen. In seinen Vorträgen vermittelt er echte Geheimtipps: Zuletzt hat er alle nautischen und bürokratischen Hürden der albanischen Küste übersprungen. Sogar den ersten deutschsprachigen Revierführer über das einst verbotene Land hat Christian unter die Leut‘ gebracht. Keinen anderen verschlägt es in so entlegene Winkel. Winkler heißt er mit Nachnamen – offenbar kein Zufall. Wer weiß noch nicht, um wen es geht? 1994 hat Christian Winkler die legendäre Friedensflotte Mirno More gegründet.
Legendär ist auch eine Geschichte, die ihm widerfahren ist:
Irgendwann im Jahre Schnee habe er sich einen Mitsegler namens Schurl
eingetreten, der im Brotberuf mit gefälschten Uhren handelte. „Schurl
war nicht sehr sportlich“, berichtet Christian. „Trotzdem haben wir
gesehen, wie er wild gestikulierend auf unser Schiff zugelaufen ist.“
Die Hafenpromenade von Split war schon in der Tito-Zeit endlos lang.
„Ablegen! Ablegen! Ablegen!“ habe Schurl von weitem gebrüllt. „Er war
völlig außer Atem und in Panik. Darum haben wir wirklich abgelegt.“
Schurls
Erklärung folgte nach einer ausgiebigen Verschnaufpause. Hier der
Originalton: „Beim Dioptrien-Palast [Anm.: Diokletian-Palast] is einer
g’standen und hat g’fälschte Rolex verkauft. I hab g’sagt zu ihm: Du
wollen haben echte Rolex? Du geben mir drei Mal Geld was kostet
schlechte falsche Rolex. Ganz gerührt und stolz war er und hat brav
bezahlt. Der hat g’laubt, ich bin der Trottl des Jahres, und er macht
das G’schäft seines Lebens. Wie ich ums Eck bogen bin, is er
draufkommen, dass mei Rolex a net gonz echt is. Des hab‘ ich nimmer
g’sehn, sondern nur mehr g’hört. Und dann bin I g’rennt!“
Lenzen vor Topp und Takel nennt man das, oder?
Der kleine, dicke Wiener Vorstadt-Strizzi hatte tatsächlich einen anderen Ganoven in dessen Heimrevier übers Ohr gehauen. „A Auswärtssieg“, frohlockte Mister Goldfinger nach der ersten Fluchtmeile. „So, die Ungünstigen hamma abg’hängt!“ Mit den Ungünstigen war die vereinigte spätjugoslawische Uhrenmafia gemeint, die ab sofort hinter Schurl her war. Christian greift sich noch heute an den Kopf: „Unfassbar! Und wir alle waren Mittäter.“
Den Sonnenuntergang verbrachte die Crew in einer gottverlassenen Bucht am Rande der Gefahrenzone. Zum Glück kennt der Spezialist für gottverlassene Buchten ja eine Menge von dieser Sorte. Den Stolz, den Schurl durch sein Husarenstück aufgebaut hatte, konnte Skipper Christian nicht einmal mittels gepfefferter Moralpredigt brechen. Im Gegenteil: Mit breiter Brust und voll Elan widmete sich der Gauner jetzt einem weit ehrwürdigeren Handwerk, nämlich dem Kochen.
Als die Mägen der Mitsegler unter Einfluss der Küchendämpfe hörbar knurrten, fragte einer: „Sag‘, Schurl, was ist denn dein Lieblingsgericht.“ Und der kochende Kleinganove antwortete wie aus der Pistole geschossen: „Eigentlich das Bezirksgericht Hernals in der Kalvarienberggasse 31. Weil immer, wenn ich am Schmerlingplatz oder in der Landesgerichtsstraß’n antreten muss, sperrn ’s mi für a paar Monat‘ ein.“
Christian hat das Abendmahl mit gedämpftem Appetit genossen. Denn am Vormittag hatte er Schurl zum Einkaufen geschickt. Gleich nach dem ersten Bissen überkam ihn ein schauriger Verdacht: Hatte der G’schwinde womöglich auch einen ganz und gar rechtschaffenden Fischer beschissen? Im Tausch gegen sechs wundervolle echte Goldbrassen ist eine fast goldene Rolex nämlich nur ein kleiner Fisch. Und im Gegensatz zur Uhrenmafia verfügen Fischer über Boote .
In Zusammenarbeit mit Yachtrevue