Historischer Kreuzer am Wind
Es ist so eine Art ?German Cup? oder besser ?European Cup?, wenn nicht gar ein Welt-Pokal: Die Kieler Woche wird 125 Jahre alt. Damit ist diese weltgrößte Segelsport-Veranstaltung mit mehr als 5000 Aktiven aus fast allen Ländern der Erde natürlich längst volljährig. Mehr noch: Sie ist die Urmutter vieler Regatta-Wochen dieser Art. Wenn nun in diesem Jahr die Presseauguren jubeln, dass selbst der Gründer der weltweit erfolgreichen Software-Firma SAP, Hasso Plattner, Kiel treu bleibt, dann hat diese Meldung tatsächlich Nachrichtenwert.
Nach 2005 und 2006 wird der inzwischen 63jährige Geschäftsmann auch zum 125jährigen Jubiläum der Kieler Woche an den Start gehen. Doch nicht nur damit sind vom 16. bis 24. Juni an der Förde in Kiel Starbesetzung und sportliche Höchstleistungen angesagt. Denn Plattner startet nicht auf einer gemütlichen Großyacht mit Crew, sondern im sportlichen 505er, genannt ?Five?. Darin hat er international gute Figur gezeigt: Mit seinem Vorschoter Peter Alarie (USA) belegte er bei der Weltmeisterschaft in Adelaide Platz 21 unter knapp 100 Teams. ?Im Vorjahr gelang dem Schriesheimer bei der WM sogar Rang 14 von 110 und 2005 vor Warnemünde Platz 46 von 170 Startern?, schreibt Hermann Hell in seinen Bestseller-Meldungen aus dem Pressebüro der Schau aus Kiel und bewertet: ?Der älteste deutsche Steuermann in der deutschen Rangliste? stehe damit auf Platz 8 bei 93 gelisteten 505er-Seglern.
?Hier kannst Du den Sieg nicht erkaufen, Du musst ihn selbst ersegeln?, beschreibt Plattner die Faszination der Jolle, in die er vor acht Jahren einstieg, zunächst mit den Töchtern, dann mit männlichen Vorschotern. ?Wer einmal in Kalifornien auf der pazifischen Welle gesegelt ist, der will nur noch 505er oder 49er segeln, und Letzteres geht nun wirklich nicht mehr?, sagte Plattner in Kiel.
Neun Tage auf den Wasser hat Plattner für die vier Regattatage in Kiel eingeplant. Erfolge will der SAP-Gründer also auch in Zukunft erkämpfen. Nun sollte das zwar in allen Disziplinen gelten. Allerdings hat man bei manchem Exponenten der großen Worte das Gefühl, dass die Größten unter den Großen auf hauptsächlich möglichst dicken Schiffen so viel Brimborium machen, dass sie den Preis ihres Engagements möglichst schnell über das öffentliche Interesse und den damit gesicherten ?return of Investment? wie eine finanzielle Gewinnmaximierung bewerten und sich dafür, wenn es geht, sogar noch von ihren Aktionären bejubeln lassen. Das ist nach meinem Dafürhalten dem Segeln nicht so dienlich, wie es sein sollte, denn auf diese Weise denken viele, die wenig von diesem schönen Sport verstehen, dass es sich beim Yachting allein um ein Amüsement der Reichen handelt.
Dabei gibt es in den Klubs nur sehr wenige Segler, die Geld wirklich im Überfluss haben. Eher ist es umgekehrt. Schon Kinder und Jugendliche, erst recht dann, wenn sie im Opti, im 420er oder 470er erste Erfolge ersegelten, leisten wahre Pionierarbeit, oft an alten Schiffen, die sie sich von der eventuell gerade noch schwimmenden Ruine zum fahrtüchtigen Regatta-Ass aufbauen, mit dem sie dann trainieren, bis sie zu den Turnieren ihre Erfolge verzeichnen.
Für diese Sportler ist Hasso Plattner tatsächlich eine große Leitfigur. Sie sehen an dem SAP-Gründer, was das Leitmotiv auf dem Wasser sein kann und sollte: Segeln verbindet.
Versuchen Sie es doch auch mal. Sie haben kein eigenes Boot? Dann chartern Sie sich eine Yacht zur Kieler Woche. Man kommt damit nah an die Regattafelder heran und kann sich beim einen oder anderen Ritt über die hoffentlich nicht in Flaute erstarrte See mit den Koryphäen unter den Aktiven die eine oder andere schöne Privatregatta liefern.
Viel Spaß dabei wünscht Ihnen
Ihre Rena M. Schmidt