3:1 für die Geschirrtücher
Fußballfieber. Ein Pärchentörn während einer Europameisterschaft kann eine schlimme Doppelbelastung darstellen. Das Jahr 2012 bescherte uns weder die legendärste Fußball-EM noch den legendärsten Törn aller Zeiten. Ja, die Idee, während der EM einen Segeltörn mit vier Paaren durchzuziehen, besaß nur unterdurchschnittliches Legendenpotenzial.
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Wir hatten alle Lebensmittel gebunkert, die Betten waren überzogen,die Taschen verstaut, die Ordnung im Salon trug unverkennbar eine weibliche Handschrift. Inklusive einem Flascherl Nagellack auf dem Kartentisch. Nach getaner Arbeit eröffnete Toni der Crew, dass er in der Konoba
„Jure“ einen Tisch für 18 Uhr bestellt hatte.
„ Dort hängt ein großer Flachbildschirm. Holland gegen Dänemark ist damit gesichert“, sagte er nicht ohne Stolz.
„Des is aber jetzt nicht euer Ernst, oder?“, empörte sich
Martina. „Das erste Match läuft eh nur nebenbei“, versuchte ich zu beschwichtigen. „Bei Deutschland –Portugal könnt ihr dann ja aufs Schiff vorgehen. Ihr habt euch so lange nicht mehr gesehen, da gibt es sicher eine Menge zu bequatschen.“
Eiseskälte. Man hätte eine Kompassnadel fallen hören. Dieser Zustand änderte sich erst, als der Däne Krohn-Dehli in der 24. Minute, also um 19:24, das 1:0 erzielte, während zwei männliche Crew-Mitglieder gerade auf der Toilette weilten. „Das geschieht euch recht“, frohlockte Monika
bei deren Wiederkehr unmittelbar nach der letzten Zeitlupenwiederholung. Und Barbara fragte: „Wieso schießt ein Inder ein Tor für Dänemark?“
Peter orderte eine dritte Flasche Plavac. Tor fiel keines mehr. In der Zwischenmatchzeit besprachen wir die Tö
rn-Route. Trotz gefinkelter Verwirrungsmanöver wurden wir Männer sofort durchschaut: „Das heißt also, ihr habt den ganzen Törn nach Wirtshäusern mit Fernsehern ausgerichtet“, zischte Martina durch schmale Lippen. Unser
entrüstetes Dementi war ebenso erfolglos wie der Versuch, die Abseitsregel auch dem weiblichen Teil der Crew zugänglich zu machen. Inzwischen war die Partie Deutschland –Portugal 70 Minuten alt und es stand bereits 0:0. Alle vier Männer beschlossen gemeinsam aufs Klo zu
gehen, weil die Deutschen sowieso grundsätzlich erst in der letzten Minute das entscheidende Tor schießen. Am Pissoir wurde die Strategie für den nächsten Tag in den Kornaten
– also für Spanien gegen Italien und Kroatien gegen Irland
– verschwörerisch entwickelt. Als wir zurückkamen, stand es 1:0. „Füa Bordugall“, lallte Martina.
„Der Gómez hatas Tor geschossen.“–
„Aber das ist doch ein Deutscher“, warf Peter ein.
„Blödsinn! Wieso heißt er dann Gómez?“, fragte Monika
rechthaberisch. „Ihr seid schon wieder am Häusl gewesen, also kennt ihr euch überhaupt nicht aus.“
Am nächsten Abend freuten sich die vier Frauen im Marina-Restaurant in der Piskera beim 1:1 zwischen Spanien und Italien auf die Verlängerung, die letztendlich aber nicht stattfand, da es sich um eine Vorrundenpartie handelte. „Schade, der Fernando Torres ist so süß“, bedauerte Barbara. Danach folgten Fragen wie: „Wäre die EM nicht viel schneller vorbei, wenn die EU nicht so viele verschiedene Mannschaften hätte, sondern nur eine?
“Oder: „Ist das Wort Eckball nicht ein ziemlicher Widerspruch?“
Oder: „Warum haben die Kroaten Geschirrtücher an?“
Und schließlich kam der Aufschrei „Hands!“, nachdem Tormann Pletikosa unter dem Jubel der kroatischen Marineros eine Flanke mit beiden Fäusten
weggeboxt hatte. Die Geschirrtücher besiegten Irland mit 3:1. „Kein Wunder, dass sich das Küchenpersonal so freut
“, analysierte Monika brotmesserscharf. Die Männer beschlossen, den nächsten Abend in einer einsamen Bucht zu verbringen und somit auf Frankreich gegen England zu verzichten.
„Schade“, sagte Martina.
„Warum schade?“, fragte Toni resignierend.
„Zwei französische und gleich drei englische Spieler haben vor kurzem ihre Freundinnen abserviert. Übrigens lauter Models.“ Na also. Geht ja. Die EM 2016 kann kommen. Zu Hause.