Die AZZAM - aktuell längste Privatyacht der Welt - in Tarragona, Februar 2015. Foto (c) M.Müncheberg
Die Tage, da die 2013 gebaute Lürssen-Yacht AZZAM von Chalifa bin Zayid Al Nahyan mit 180 Metern Länge die größte private Motoryacht der Welt ist, scheinen endgültig gezählt. Auch die bisher zweit- und drittplatzierten Megayachten, die 163 Meter lange ECLIPSE von Roman Abramowitsch aus 2009 und die nur einen Meter kürzere, ein knappes Jahr ältere DUBAI von Muhammad bin Raschid Al Maktum werden schon bald im Ranking der Giganten einen Platz nach unten rutschen. Pech gehabt, könnte man meinen, denn eine Nachricht des US-amerikanischen Maklerbüros 4Yacht Inc. aus Fort Lauderdale ließ Ende letzten Jahres die Big Boat-Szene aufhorchen. TRIPLE DEUCE heißt danach der neue Superstar am Megayacht-Himmel, und deren Maße sind in der Tat beeindruckend: Mit anvisierten 222 Metern Länge wird diese schwimmende Luxus-Herberge nicht nur die größte jemals gebaute Privatyacht weltweit sein, sie wird mit Sicherheit auch neue Maßstäbe in Punkto Baukosten setzen. Die belaufen sich auf mindestens eine Milliarde Euro – und sind damit mehr als doppelt so hoch wie die zum Bau der AZZAM aufgewendeten Mittel. Drei Gasturbinen sollen die Yacht mit über 100.000 PS auf mehr als 30 Knoten Speed (55 km/ h) beschleunigen können. Die 275 Quadratmeter große Owner-Suite soll über zwei der insgesamt sieben Etagen gehen und die gesamte Breite von mehr als 24 Metern einnehmen. „Kleinigkeiten“ wie Heli-Dock, Pools, ein komplettes Hallenbad, Lift und Fitness-Raum sind auf diesem Schiff selbstverständlich. Wer kauft eine solche Yacht? „Wir arbeiten ausschließlich mit UHNWI-Kunden“, sagt Broker Craig Timm. Schön, wenn man dazugehört zu diesen „Ultra High Net Worth Individuals“. Wenn nicht – auch nicht so schlimm. Denn dann spart man sich jedenfalls die über den Kaufpreis hinausgehenden mindestens 20 Millionen US-Dollar Unterhaltskosten – jährlich. Es könnten auch ein paar Millionen mehr sein – wer weiß das schon so genau? Timm geht davon aus, dass mit dem Bau der TRIPLE DEUCE schon in den nächsten Monaten begonnen werden könnte – auf einer „europäischen Werft“. Welche Werft das genau sein soll, steht noch nicht fest. Auslieferungstermin soll dann im Frühjahr 2018 sein. Wenn dieses Projekt tatsächlich realisiert werden sollte, dann blieben AZZAM-Eigner Chalifa bin Zayid immerhin noch drei Jahre, in denen er behaupten könnte, die größte Yacht der Welt zu besitzen. Was wird nach der 42 Meter längeren TRIPLE DEUCE kommen? „Schwer zu sagen“, sagt Timm. Es gebe eine Grenze – keine, die die Größe, wohl aber eine, die Funktionalität und Logistik betreffe. Trotzdem ist der Broker überzeugt davon, dass auch diese Yacht eines Tages ihren Platz als „größte Yacht der Welt“ werde räumen müssen. Wann das sei? Das könne man nur vermuten. Fest steht indes, dass immer weniger Menschen auf dieser Welt immer mehr Geld besitzen. Das führt dann dazu, dass mal eben Yachten für eine Milliarde Euro bestellt werden. Braucht kein Mensch? Sicher, dieses Geld könnte sinnloser verpulvert werden. So kommen über mehrere Jahre mehrere Hundert Arbeiter zu Lohn und Brot. Ein gutes Signal in Zeiten einer angespannten europäischen Boots-Wirtschaft. Diese Arbeiter werden sich solcherart Mega-Yachten dann zwar niemals selbst leisten können. Doch das mögen wohl die allermeisten Menschen ohne Probleme verschmerzen können. Denn zum Glück geht Bootssport auch einfacher – und preiswert. Ob es überhaupt klug ist, in Zeiten von Boots-Sharing, attraktiven Miet- oder Charterangeboten eine Yacht als Eigner besitzen zu wollen, mag jeder für sich selbst entscheiden. Als Statussymbol gehören riesige Luxusyachten inzwischen zu einer aussterbenden Spezies, genau wie große Autos – jedenfalls bei der jüngeren Generation. Und das ist gut so. Es gibt andere, weit wichtigere Werte. Und schließlich kommt es auf den Spaß an, die Freude, mit Freunden oder der Familie zusammen zu sein – aktiv auf dem Wasser. Und da macht es keinen Unterschied, ob man mit einer kleinen Jolle auf dem Baggersee unterwegs ist, mit einem Charterboot auf dem Mittelmeer – oder mit einer Motoryacht, und sei sie auch 222 Meter lang.