Die Ansteuerung der Lagavulin Bay ist knifflig, aber der Besuch lohnt: In der Destillery kann auch ein 25er verkostet werden. Foto: (c) nass-press.
Nasses Ölzeug gehört einfach dazu, sagt mein Freund Hein. Und, nach drei Tagen in der Hebriden-See an der Westküste Schottlands, da sei die Wahrscheinlichkeit, noch trockene Segelsachen im Seesack zu haben, in etwa so groß wie ein Lottogewinn, sagt der alte Salzbuckel und kichert dabei hämisch. Tatsächlich regnete es ohne Unterlass, mal nur kurz, dann wieder stundenlang.
Macht nichts, sagen wir uns immer wieder - die grandiose Naturkulisse mit Dutzenden karger, nur spärlich bewachsener und teils unbewohnter Inseln, die Weite des Meeres, die Vielfalt ihrer Fauna und nicht zuletzt unsere Segelyacht, die stäbige Sealgair, entschädigen für den angeblich so typischen "Schottischen Sommer", der von den Einheimischen gern auch treffend mit "Five seasons a day" beschrieben wird.
Das Holzboot, welches nach dem seegängigen Riss der erfolgreichen Oyster 46 ganz aus Holz gebaut wurde, scheint wie geschaffen für den scharfen Wind und die meterhohen Wellen des westschottischen Segelreviers, welches unter Kennern als sehr anspruchsvoll gilt: ?Skipper sollten im Seegebiet zwischen der Isle of Skye im Norden und Islay im Süden die Gezeiten sicher berechnen können, keine Angst vor einer steifen Brise haben und ständig Wind- und Strömungsrichtungen des Wassers im Auge behalten?, sagt Hein. Und der muss es ja wohl wissen.
Auch für Segler, denen das alles (neudeutsch) zu stressig ist, oder um mit Heins Worten zu sprechen, denen der ganze Schiet auf den Sack geit, oder für Freizeitkapitäne, die sich vorab nur einen ersten Überblick über das rauhe, aber sehr reizvolle Revier verschaffen wollen, hat der alte Walfischrücken auch einen Tipp parat: Chartern sollen die sich eine Koje, oder ? mit Freunden oder der Familie ? gleich eine ganze Segelyacht, am besten mit einheimischem Skipper.
Gute Gelegenheit, die Welt der Lochs, Firths und Sounds, wie die verschiedenen Gewässerflächen in Schottland heißen, kennen zu lernen, bietet etwa die Teilnahme an der jährlich laufenden Classic Malts Cruise: Immer im Juli treffen sich etwa 80 Yachten, um gemeinsame Etmale zu ersegeln. Und: ganz klar, um Whisky zu verkosten; aber das geschieht an Land, versteht sich, etwa in der bekannten Seglerkneipe Mishnish an der Uferpromenade von Tobermory, wo auch ein eigenes hochprozentiges Insel-Destillat verkostet werden kann. Nirgendswo sonst gibt es schließlich eine solche Dichte an Brennereien der sogenannten Single Malts, der edelsten Getränke, die etwa in Oban, Caol Ila, Lagavulin oder Talisker am besten per Boot bei einem Flottillen-Inselhopping erkundet werden können.
?Slainte Mhat? - Einer der Teilnehmer an der gerade beendeten diesjährigen Cruise, welcher den gälischen Trinkspruch "Zum Wohl" gelernt hat, ist Manfred Handschuher: "Der normale Mittelmeersegler wird hier seine Schwierigkeiten haben", ist sich der 54jährige EDV-Spezialist sicher, der sich zusammen mit vier Freunden eine 40 Fuß (etwa 12,20 Meter) lange Jeanneau Sunfast für insgesamt 3.800 Pfund, etwa 4.780 Euro, gechartert hat. ?Ein bisschen Bammel? habe er schon gehabt, ob er ?das Seglerische? in Schottland packen werde, sagt der Münchner. Doch der Törn sei ohne Probleme gelaufen, und der Flottillencharakter gebe zusätzliche Sicherheit.
Einen Einblick in die Besonderheiten des Reviers erhalten wir spätestens im Golf von Corryvreckan: Bei der Passage der Inseln Scarba im Norden und dem gleich südlich gelegenen langgestreckten Jura-Eiland fällt es schwer, geraden Kurs zu halten. Ist die Lenkanlage defekt? Nein, Grund für die Schlingertour sind unzählige Strudel, verursacht von an dieser Stelle aufeinandertreffenden verschiedenen Strömungen. Wellen haben hier plötzlich die Form halbmeterhoher spitzer Kegel, die wie wild unseren Bootsrumpf umtanzen. Dramatisch werde es an dieser Stelle, wenn eine Springtide westwärts mit Geschwindigkeiten bis zu zehn Knoten gegen einen Westwind abfließt, erklärt Hein. Nicht umsonst lägen gerade an dieser Stelle wegen der dann meterhohen, steilen Wellen zahlreiche Schiffswracks auf Grund, so der erfahrene Segler weiter.
Sicherheit steht deshalb auch bei Bob Hunter, Skipper auf der Sealgair, im Vordergrund: Zuerst gibt es für alle Mitsegler an Bord eine gründliche Einweisung. An Deck wird nur mit Rettungsweste - und bei stärkerem Wind oder Manövern - zusätzlich mit Lifebelt, eingepickt an Bord, gesegelt. Und bevor dann tatsächlich die Segel gesetzt und die Anker- oder Festmacherleinen gelöst werden, wird jedes geplante Etmal mit der Crew detailliert geplant und besprochen. Das schafft Vertrauen. Und gibt Kraft, mit dem immer noch nassen Ölzeug und den klammen Segelsachen am Körper auch einen weiteren Regenschauer auf Deck, das riesige Steuerrad in der Hand, sicher zu meistern. Und das nicht immer ganz ernstzunehmende Gebrabbel von meinem Freund Hein zu überstehen?
Was ist Ihr Lieblings-Whisky? Haben sie ihn sich vielleicht sogar selbst "ersegelt", in Port Ellen, Caol Ila, am Loch Harport oder in Oban? Slainte Mhath! mit einem Lagavulin 25 in der Hand, wünscht jedenfalls Ihr Matt.Müncheberg, info@muencheberg-media.com.
"Die Classic Malts Cruise" wird jährlich im Juli vom World Cruising Club mit Sitz in Cowes auf der Isle of Wight organisiert. Sie bietet seit 1993 auf einer Distanz von insgesamt rund 200 Seemeilen Segeln pur an der Westküste Schottlands. 800 Inseln gibt es entlang der gesamten, knapp 12.000 Kilometer langen Küste Schottlands. Allein 600 davon gilt es für Segler zwischen den Orkneys und Nordirland zu erkunden. Informationen im Internet: www.worldcruising.com/classicmaltscruise/ oder direkt beim World Cruising Club, 120 High Street, Isle of Wight, PO31 7AX. Chartern: Etwa bei Alba Sailing, Dunstaffnage Marina (29 bis 43 Fuß, ab Oban), www.alba-sailing.co.uk. Die Sealgair kann über Wilderness Scotland, Edinburgh, gemietet werden, Tel. +44 (0) 131-6256635, info@wildernessscotland.com. Unbedingte Literatur-Empfehlung: "The Scottish Islands" von Hannish Haswell-Smith, Canongate. Vorher besorgen!