GANZ OHNE SCHNICKSCHNACK (Segeln pur - wie vor Hunderten von Jahren)

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Freitag, 18. Juli 2014
von Matt - Muencheberg
Wie zu Vorväters Zeiten fahren die Fischer der Upi-Bay mit ihren Outrigger-Segelbooten hinaus. Der Hauptrumpf wird per Hand aus einem Baum geschält.
Back tot he Roots – der in Deutschland nur zu oft beschworene Anglizismus drückt vieles aus: zurück zu den alten Zeiten (die angeblich sowieso immer die besseren waren), zu den alten Werten, zu Qualität, Handwerk, den deutschen Tugenden. Fast, dass man dieser Wendung überdrüssig würde. In einem Punkt passt sie jedoch: heutiges, stylishes Segeln auf seelenlosen GfK-Booten, überfrachtet mit Technik, und oft mehr dem Design als praktischen Aspekten gehorchend, wird schnell relativiert, macht man sich einmal auf in die Weiten des Pazifischen Ozeans und besucht zum Beispiel die Fischer in der Upi-Bay im Osten der französischsprachigen Ile des Pins. Wie vor hunderten von Jahren werden auf dieser zu Neukaledonien gehörenden kleinen Trauminsel aus dicken Baumstämmen per Hand Bootsrümpfe geschält, die dann zumeist mit Naturmaterialien ergänzt und von fachkundigen Händen mit einfachsten Mitteln zu einem segeltauglichen Boot zusammengefügt werden. Mit diesen Pirogen fahren die Fischer dann wie zu Vorväters Zeiten hinaus, um Mekoua, eine Thunfischart, und Mai Mai zu fangen. So wie Louis. Wer mit ihm auf seiner Outrigger-Segelpiroge hinaussegeln will, muss früh aufstehen. Punkt acht Uhr in der Frühe watet er zu seinem vor Anker liegenden Boot. Dann lascht er das Dreieckssegel am Mast fest, welcher eigentlich kein Mast ist, wie wir ihn kennen. Vielmehr handelt es sich um einen abgeschnittenen und nur roh behandelten Baum, den die Einheimischen hier Bugny nennen. Auch Baum und Gaffel des Riggs hat Louis nicht gekauft, sondern aus einheimischen Hölzern selbst angefertigt. Er fiert die Grossschot und riggt das alte Segel auf – das immerhin besteht schon aus neuzeitlichem Polyester. Er lichtet den aus einem Stein bestehenden Anker. Louis holt das Gross dichter, lascht das Segel fest und startet seinen kleinen Aussenborder – eines der wenigen Zugeständnisse an die Neuzeit an Bord. Er müsse den Motor dabei haben, sagt Louis entschuldigend, „die Behörden“ hätten das so vorgeschrieben, „aus Sicherheitsgründen“, es habe einige „Vorkommnisse“ gegeben, denn Louis Boot und das seiner Fischer-Kollegen benötige zum Segeln „mindestens einen guten raumen“ Wind, der müsse immer „etwas achterlicher als dwars“ einfallen, Kreuzen im klassischen Sinne sei nicht möglich. Als wir die richtige Position dafür erreicht haben, schaltet er den Motor aus, fiert das Gross und rollt per Hand die kleine, frei fliegende Fock aus. Die nutze er teilweise auch, um den Kurs zu ändern, wobei das Gross für den nötigen Vortrieb sorge. Wir fallen ab, und im Nu spielt die Gischt murmelnd um den Bug des grösseren Hauptrumpfes – der, wie kann es hier auf diesem kleinen Eiland mitten im Pazifik anders sein, kurzerhand aus einem mächtigen einheimischen Baum geschält wurde. Früher sei dazu Kohu benutzt worden, sagt Louis, heute nehme man Araukarie. Der Wind kommt nun direkt von achtern, wir legen das Gross nach Backbord, die Fock bläht sich kurze Zeit später auf der Steuerbordseite – Schmetterlingssegeln at it´s best wie vor hunderten von Jahren, auf einer traditionellen Segelpiroge, wie sie ebenfalls schon seit hunderten von Jahren unverändert gebaut wird, und angetrieben von einer sanften, seit Menschengedenken wehenden Alise, wie die Einheimischen den südöstlichen Wind hier nennen. Spätestens hier wird klar: es geht auch ohne Schnickschnack. Ohne Elektronik. Ohne Elektrik. Ja, sogar ohne Winschen, Klampen, Edelstahl-Ankergeschirr und Chemie-WC an Bord. Von allem Überflüssigen befreit, segelt es sich seltsam frei. Ein ungewohntes und dennoch unvergleichlich schönes Gefühl, sich ganz aufs Segeln konzentrieren zu können – und dabei seine Gedanken schweifen zu lassen… Auf dem Wasser-Weg Richtung Norden durch die Upi-Bucht umspielen farbenfrohe Fischschwärme unser kleines, scheinbar aus einer anderen Zeit stammendes Boot. Ein Manta durchpflügt elegant schwebend den Boden der flachen Lagune. Eine Wasserschildkröte wandert mit ihren kurzen Beinchen paddelnd durch die Seegraswiesen unter uns. Nichts erinnert daran, dass wir uns im einundzwanzigsten Jahrhundert befinden – das Szenario könnte auch aus einer Zeit stammen, die Viele von hier, wenn überhaupt, nur aus überlieferten Erzählungen ihrer Vorfahren kennen. Die Ufer der Upi-Bucht weiten sich haffartig auf knapp zehn Kilometern in Nord-Süd-Richtung. Sie sind gesäumt von dunklen Araukarienwäldern. Der Entdecker der Insel, James Cook, hielt sie für Pinien und benannte die Insel fälschlicherweise nach diesen Nadelbäumen. Eigentlich müsste die Ile des Pins korrekterweise Ile des Araukaries heissen. Der Wind frischt auf, und nun hat der kleine, drahtige Louis alle Hände voll zu tun, um den Outrigger-Kat auf Kurs zu halten. Der will nämlich ständig ausbrechen und partout nach Luv fahren. Keine leichte Aufgabe, denn gesteuert wird mit einem Gerät, einem riesigen Paddel nicht unähnlich, welches achtern lose aus der Hand gefahren wird. Das hat durchaus Nachteile: wir verlieren es, als Louis kurz zum Bug des Schiffes huscht, um die Fock zu trimmen. Kein Problem, denn die zur grossen Lagune gehörende Bucht ist hier lediglich zwei Meter tief. So fieren wir das Gross auf und rollen die Fock ein, um die Fahrt aus dem Boot zu bekommen und staken zum Paddel. Natürlich sei es möglich, am Heck seines Gefährtes auch ein festes Ruder zu fixieren. Aber das sei eben nicht üblich, und es habe hier auch noch nie jemand so gemacht. Also steuert auch Louis auf die alte, traditionelle Art. Gebaut hat seine Piroge, wie die Einheimischen ihre Boote hier einfach nur nennen, Joseph Douépéré. Er sei der Einzige, der das alte, traditionelle Pirogen-Bootsbau-Handwerk noch beherrsche, sagt Joseph. Er habe es in einer speziellen Schule gelernt; danach hätte er Alles über das Segeln mit und die Herstellung von Pirogen bei den „Alten“ seines Clans gelernt. Dazu habe auch der Umgang mit einer Herminette, einem speziellen, axtähnlichen Werkzeug, gehört. Mit diesem kann man zum Beispiel einen Baumstamm aushöhlen, um daraus den Hauptrumpf einer Piroge zu bauen. Es ist einem Breitbeil der Zimmerleute nicht unähnlich und war angeblich schon im alten Mesopotamien bekannt. Fünfzehn von Josephs Doppelrümpfern gebe es zurzeit auf der und und um die kleine Pazifik-Insel herum, sagt Joseph. Dann demonstriert der kräftige Mann, wie er mit seiner Herminette einen mächtigen abgesägten und grob in Form gebrachten Araukarien-Stamm aushöhlt – mit blossen Händen. Das werde eine Mini-Piroge, erklärt Joseph lächelnd. Die baue er, um die Tradition der Pirogen-Segelei auf der Ile des Pins zu sichern. Nachwuchsgewinnung würde man hierzulande dazu sagen. Mit dem Schiffchen sollen die Kinder seines Tribes das Segeln auf Pirogen auf eine spielerische Art und Weise erlernen und so Schritt für Schritt an die traditionelle Segelei herangeführt werden. Das macht Spaß, und man lernt von Anfang an, nur Wind und Wellen fürs Fortkommen auf dem Wasser zu nutzen. Wie gut die Kids es doch haben, denke ich. Natürlich, auch sie werden eines Tages mit ihren Pirogen zum Fischen hinausfahren. Dann werden sie sich auskennen – und die Tradition fortführen. Back tot he Roots – das leben die Fischer der Upi-Bay ganz selbstverständlich. Jeden Tag aufs Neue. Und wenn mal der Baum bricht, oder der Ausleger ersetzt werden muss, dann gehen Louis und Joseph einfach in den dichten Urwald, und schneiden sich ein neues Teil zurecht. Schöne heile Welt. War früher vielleicht doch – zumindest einiges – irgendwie besser?

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